Donnerstag, 9. Januar 2014
Warum man nicht Japanisch lernen sollte
Fangen wir heute direkt mit dem Titel an. Das ist schon eine harte Aussage, wenn man doch nach Japan geht und dort eine gewisse Zeit verbringt. Ich möchte dabei jedoch einen Artikel aufgreifen, den ich über einen Youtube Blogbeitrag gefunden habe (der Macher des Blogs hat wirklich mehrere interessante und hilfreiche Videos über das Leben in Japan gemacht).
Der Titel dieses Artikels bedeutet auf Deutsch übersetzt tatsächlich "Warum du nicht Japanisch lernen solltest" und genau dafür bringt der Autor wirklich gute Argumente.

Und ja der Artikel hat mich tatsächlich dazu gebracht, dass ich heute nicht zum japanisch Unterricht gehe. Ich muss jedoch auch hinzufügen, dass ich den Artikel erst gelesen habe, als meine Motivation Japanisch zu lernen eh schon am Boden war.

Aber strukturieren wir hier erstmal die Punkte und ich berichte zuerst, warum meine Motivation wirklich am Boden ist und dann was der Artikel aussagt und meine Erfahrungen dazu.

Es war also Ende des letzten Jahres zwar nicht überzeugt, dass ich viel Japanisch gelernt hatte, jedoch konnte ich immer mehr bei den Gesprächen der Leute verstehen und hatte dadurch das Gefühl doch einiges gelernt zu haben. Das wurde natürlich auch dadurch bestärkt, dass ich es immerhin geschafft habe 3 Monate hier zu überleben (inklusive Friseurbesuch und co.).
Es war also alles auf dem steigenden Ast.

Oder es schien zumindest so...

Ich fuhr dann am Ende des Jahres mit Arbeitskollegen in den Urlaub (ich nutze gezielt das Wort "Freunde" nicht), über den ich schon Teilweise bezüglich meiner Verletzung berichtet habe.

Die Arbeitskollegen hatten mich zuvor gefragt, ob ich einen Snowboard Urlaub machen möchte und in folge dessen ist der ganze Tripp nur organisiert worden, damit ich mal in Japan mit Japanern snowboarden kann. Jedoch kam die Enttäuschung auf der Reise ins Skigebiet, auf der keiner mehr Englisch sprach.

Drei Stunden fahrt mit fast ausschließlich Japanisch und ab und zu mal 2 Sätzen Englisch...

Und so sahen dann auch alle drei Tage des Urlaubs aus!

Der Kern war jedoch, dass ich wirklich gar nichts von den Konversationen verstehen konnte. Nicht einmal die Satzstrukturen kamen mir bekannt vor und wesentliche Elemente, die ich normal in jeden Satz raushören konnten fehlten dabei.

Gut Akademiker unter sich reden wirklich gerne über Sachen mit einem gewissen Niveau. Das ist auch in Deutschland so. Jedoch war das auf Japanisch dann doch wirklich zu hart für mich. So kam es dazu, dass ich nicht einmal das aktuelle Thema mehr erraten konnte.

Ich merkte dann also recht schnell, dass nicht meine Fähigkeiten mit der japanischen Sprache besser geworden sind, sondern dass ich angefangen hatte weniger auf Wörter zu hören und stattdessen angefangen hatte mehr auf Gesten und andere Details zu achten.

Es lief also alles mit besseren Verstehen von Gesten und einer besseren Zeichensprache von meiner Seite und damit kann man kaum Gespräche auf höherem Niveau führen. Dafür braucht man eine richtige Sprache und ein gemeinsames Verständnis der Sprache.

Also folglich war meine Motivation Japanisch zu lernen am Boden angekommen. Was ich brauche erreiche ich mit einer Hand voll japanischer Wörter und die Gespräche, die ich führen möchte liegen in endloser Ferne.

Nun wo meine fehlende Motivation erläutert wurde gehen wir doch einmal auf den Artikel ein. Den Artikel fand ich wie schon erwähnt in den Beiträgen eines Youtube Bloggers aus keine Ahnung wo. Der Blogger hatte jedoch in der Vergangenheit immer lehrreiche und niveauvolle Beiträge, weshalb ich mir dann auch diesen Beitrag über den Artikel gestern vor der Schlafenszeit noch kurz anschaute.

Und leider passte der Artikel/Beitrag wie die Faust auf's Auge!

Er sagt nicht aus, dass man kein Wort Japanisch können sollte. Jedoch sagt er aus, dass mit einer Hand voll Sätzen Schluss sein sollte (nur um das einmal klar zu stellen).

Einer der Gründe dafür ist, dass Japanisch als Sprache so schwer ist, dass die Abbrecherquote bei Japanischkursen höher sein soll als bei der Ausbildung der U.S. Navi Seals (wer die Seals und die Ausbildung nicht kennt: die Ausbildung gilt als eine der härtesten Sachen, die man machen kann und selbst ein sehr guter Bundeswehrsoldat würde vermutlich bei der Ausbildung sterben oder im Krankenhaus landen, wenn er nicht abbricht).

Diese Theorie kann ich soweit auch leider nur bestätigen. In meinem Japanischkurs kam jede zweite Woche eine neue Person und dennoch blieb die Teilnehmerzahl bei konstanten vier.
Ich hielt es immerhin nun drei Monate durch. Mit mir im Kurs war ein Iraner, der seit 6 Jahren in Japan lebt und nicht viel mehr Japanisch spricht als ich und ein Inder, der seit 20 Jahren in Japan lebt und auch nicht viel mehr Japanisch kann. Alle anderen Teilnehmer kamen immer zwei mal und danach nie wieder.

Unter allen nicht-Japanern (Gaijins), die ich traf konnte nur einer fließend Japanisch sprechen. Der Rest kam so über die Runden und das obwohl nur die wenigsten Japaner Englisch sprechen (und wenn sie Englisch sprechen ist es zu 80% ein abenteuerliches Englisch).

Nun sollte man nur, weil man mal ein wenig Japanisch gelernt hat nicht auf die Idee kommen, dass man Japanisch sprechen kann. Man sollte es vor allem hier in Japan nicht laut behaupten, da ich hier von allen Mit-Gaijins andere Sachen gehört habe.
Die Sprache ist einfach wirklich schwer zu erlernen. Weshalb man sich die Frage stellen soll, ob man die Sprache wirklich lernen möchte.
Wenn man sie jedoch wirklich lernen möchte, dann sollte man Jahre dafür einplanen (laut Artikel 3-7 Jahre, was auch realistisch sein sollte - laut anderer Gaijins). Aus diesem Grund wird auch in dem zuvor erwähnten Blog darauf aufmerksam gemacht, dass man sich wirklich überlegen sollte ob man die Sprache lernen möchte, wenn man nur ein bis zwei Jahre nach Japan geht.

Moment mal!

Mein Praktikum war von Anfang an für 6 Monate angesetzt...

Ich werde daher ab jetzt nur noch das Japanisch lernen, welches mir die nächsten Monate wirklich leider macht.

Ok, dass Japanisch schwer zu lernen ist, dass ist der eine Grund. Im Artikel wird jedoch noch ein zweiter Grund beschrieben, warum man Japanisch nicht unbedingt lernen sollte.
Es handelt sich dabei um das Besondere, was einen hier als Person auszeichnet.

Die englische Sprache!

Die Japaner, die ich kennenlernen durfte sind mehr Gruppenmenschen, die in festen Gruppen zusammen ihre Zeit verbringen. In der Firma werden diese Gruppen häufig dadurch definiert, wer in welchem Jahr zusammen angefangen hat. Ich hatte ja schon über das japanische System der Ausbildung zuvor berichtet. Dabei werden die Personen, die im gleichen Jahr zusammen in der Firma anfangen zu einer Gruppe strukturiert und bilden dadurch ihren Freundeskreis für die nächsten Jahre. Dabei gibt es dann in den Gruppen kaum bis keine Fluktuation.

Wenn also jemand von Außerhalb dazu kommt, dann ist das so, weil etwas Besonderes mit in die Gruppe bringt.
So wird in dem Artikel die Zauberkraft der englischen Sprache beschrieben.

Wenn man also von einer Gruppe zu einer Party eingeladen wird, dann ist es für die Japaner, als ob Houdini zu der Party kommt (also wenn Houdini noch leben würde).
Wenn Houdini dann auf der Party ist, dann wird er nicht zum Teil der Gruppe. Er ist immer noch ein Außenstehender, der jedoch so lange dazu gehört (also für den Abend), solange er ein paar Zaubertricks raus holt.
Im Falle des Ausländers in Japan ist es dann natürlich das Englisch sprechen (der Zaubertrick).

Führt man jedoch keinen Zaubertrick vor, so kehrt sich die Gruppe wieder in sich zusammen. Das passiert natürlich auch, wenn der Zaubertrick langweilig wird.

Also das ist alles nicht so einfach...


Zum Abschluss noch eine kleine Anekdote aus dieser Woche zum Thema:
Durch eine kleine Erkältung habe ich mich die ganze Woche nicht so wohl gefühlt. Dann habe ich vorgestern vermutlich etwas Falsches gegessen. In der Konsequenz lag ich gestern mit Schüttelfrost und Bauchschmerzen im Bett. Ich musste also in der Firma anrufen und mitteilen, dass ich nicht kommen kann.
Wir hatten zwei Wochen lang im Sprachkurs gelernt, wie man auf Japanisch sagen kann, dass man sich nicht wohl fühlt und was mit einem nicht stimmt. Im Deutschen ist es immer recht einfach "Ich habe ...-schmerzen."
Im Japanischen hingegen gibt es für fast jede Art von Schmerzen einen komplett neuen Satz. Das ganze System ist dabei so unregelmäßig, dass es wirklich schwer zu lernen ist.

Egal!

Als ich im Bett lag und mich vor Kälte schüttelte viel mir keiner dieser Sätze ein und ich brachte es gerade fertig das ganze auf Englisch zu sagen.

Da lernt man zwei Wochen lang unregelmäßige Sätze und wenn dann der eine Tag im Praktikum kommt, an dem man die Sätze braucht, dann kommt man nicht darauf...

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