Montag, 11. November 2013
Hier laufen so viele Asiaten rum...
Eine Besonderheit hier ist, dass hier tatsächlich viele Asiaten rum laufen. Was für ein Wunder...
Die damit verbundene Konsequenz ist, dass die Leute nicht unbedingt europäische Sprachen sprechen, wie es in Europa, Amerika oder Afrika der Fall ist. Nein, man hat hier seine eigenen Sprachen behalten und wendet diese auch an.
Dies wirkt sich jedoch nicht immer zu meinem Vorteil aus und ich muss mich dieser Herausforderung jeden Tag aufs neue stellen.

Ähnlich wie in Europa unterscheiden sich die Sprachen in diesen Raum schon stärker, haben aber auch massive Gemeinsamkeiten.
Ich werde jedoch mit der perversesten Sprache dieser Region konfrontiert, die nunmal Japanisch ist.

Um einen kurzen Einblick zu vermitteln möchte ich einmal zwei setzen in jeweils unterschiedlichen Sprachen vorstellen.

Ich bin Arne.
I am Arne.
Je suis Arne.
(Watashi wa) Arne desu.

Die ersten drei Sätze sind in europäischen Sprachen und haben alle den gleichen Aufbau und verwenden nur andere Wörter. Der letzte Satz ist hingegen Japanisch und hat einen anderen Aufbau.

Das "Watashi wa" ist ein optionaler Ausdruck, der darauf verweisen soll, dass es um mich geht. In einem normalen Gespräch oder bei einer Vorstellung lässt man dies jedoch ganz weg, weil es in der Regel klar ist, dass ich in dem Moment von mir rede. Das Ergebnis ist dann "Arne desu."
Nun sollte man nicht auf die Idee kommen, dass "desu" ("des" ausgesprochen) auf irgendeine Art oder Weise in das Wort "bin" oder "Name" übersetzt werden kann.
Nein, es ist nur der höfliche Weg, eine Aussage zu beenden. Die richtige Übersetzung für "Ich bin Arne." ist nämlich (bitte ruhig hinsetzen): "Arne".

Das ist es.

"Arne".

Ein kompletter japanischer Satz...

Ok, nehmen wir noch ein weiteres Beispiel.

Ich komme aus Deutschland.
I am from Germany.
Je suis de l'Allemagne
(Watashi wa) doitsu kala kimashita.

Gut, hier sehen die Franzosen etwas merkwürdig abweichend aus, jedoch besteht noch der gleiche Kern.
Beim Japanischen ist wieder das "Watashi wa" optional, wobei es dann doch dämlich klingt, wenn man es einsetzt, da man in 95% der Fälle in denen man dies sagt den Verweis auf sich weglässt.
Der nächste Teil ist das "Doistu", welches das japanische Wort für Deutschland ist. Dies wird von einem "kala" oder "kara" gefolgt. Dieses Wort bedeutet "von" (auch im Bezug auf Uhrzeit und Tage) und wird in der Mitte, wie eine Kombination von L und R gesprochen (Details später).
Das letzte "kimashita" ist die Vergangenheitsform von kommen.

Wort für Wort übersetzt ergibt das "(Ich) Deutschland von kommen."

Das macht es schon einmal schwerer den Satzaufbau zu verstehen. Die Grammatik ist zwar am Ende leichter als die Deutsche, jedoch ist die Sprache erstmal nicht lernfreundlich für Europäer oder Amerikaner (zur Erleichterung: Japaner haben genau das Problem in die andere Richtung).

Nun kann man sich mit dieser neuen Grammatik auseinandersetzen und diese auch leicht lernen.

Das ist aber nur der Anfang!

Nicht nur, dass man viele neue Wörter lernen muss. Nein, man muss auch drei neue Schriften lernen.

Richtig gelesen: DREI (als Zahl: 3, in Hex: 0x3, in Binär: 0011)

Shit just got real!

Ok fangen wir an mit dem Leichtesten. Das Hiragana.
Beim Hiragana handelt es sich um das einfache japanische Alphabet. Es basiert auf den Basislauten A, I, U, E, O. Darauf aufbauend gibt es dann Kombinationen mit anderen Buchstaben wie z.B. K, T und S.

KA, KI, KU, KE, KO
TA, CHI, TSU, TE, TO
SA, SHI, SU (meistens nur S), SE, SO

Wie man schon direkt sieht, gibt es hier genug Ausnahmen und das Alphabet ist auch anders aufgebaut als unseres.

Ok, Augen zu, auswendiglernen und dann Japanisch lesen und schreiben!

STOPP!

Das wäre soweit ja zu einfach. Darf ich vorstellen: die Katakana Silbenschrift.

Die Katakana basiert auf den selben Lauten wie auch die Hiragana. Jedoch gibt es einen großen unterschied. Wörter, die ursprünglich aus dem Japanischen kommen werden mit der Hiragana Schrift geschrieben und Wörter, die aus anderen Sprachen übernommen wurden werden in der Katakana Schrift geschrieben.

Ganz einfach oder?

Um die drängenden Fragen zu beantworten: Ja, Whisky und Bier werden in Katakana geschrieben. Bratwurst auch.

Ok, zweite Schrift lernen und dann wird es schon.

STOPP!

Ohh ja, dass reicht erneut nicht... Es gibt ja noch die verfluchten Kanjis.
Dies sind chinesische Schriftzeichen, die sowohl von den Koreanern, als auch von den Japanern übernommen wurden.
Dabei soll ein Zeichen eine Bedeutung oder eher mehrere Bedeutungen haben...

Ich stelle vor das Kanji für Mond: 月
Wer in diesem Symbol einen Mond sehen kann muss wirklich gesegnet sein. Ich bin es nicht.
Dieses Symbol steht auf jeden Fall für den Mond, den man in Japan Tsuki nennt.

Es steht aber auch für den Montag, den man in Japan Getsuyoubi nennt und aber auch für den Monat, den man mit 11 Gatsu (11. Monat in diesem Beispiel - Monat an sich hat ein anderes Wort) betitelt.

Ok, viele Zeichen und jedes Zeichen hat mehrere Bedeutungen und Aussprachen. Nun wird es einfach...

Bevor ich weiter über die Kanjis fluche muss ich kurz einen japanischen Satz beschreiben.

Japaner versuchen erstmal alle Zeichen mit Kanjis zu besetzen. Dann wird der Rest in Hiragana oder in Katakana geschrieben. Das Ergebnis ist eine Kombination aus allen dreien Stilen.
Den Teil mit den Kanjis können dann auch die Chinesen lesen und der Rest ist dann unverständliches Geschmiere für die Chinesen.

Um es kurz zu fassen: Hier sind überall Kanjis und ich kann sie nicht lesen und die Bedeutung kaum erahnen.

Von meinen Kollegen habe ich zwei unterschiedliche Aussagen bekommen:
"Kanjis sind toll, weil man nicht die Aussprache des Wortes kennen muss und dennoch versteht, was da steht."
UND
"Ich kenne viele der Kanjis nicht und kann die Texte dann zum Teil nicht lesen."

WHAT THE FUCK!

Im Deutschen geht das Sprechen, das Lesen und das Schreiben Hand in Hand und in Japan handelt es sich dabei um unterschiedliche Welten.

Man kann es mir echt nicht leichter machen...

Aber egal, ich konzentriere mich erstmal auf das gesprochene Wort und nehme Hiragana und Katakana zur Hilfe. Das ist schon schwierig genug.
Denn nach über einen Monat kann ich die Sprache immer noch nicht wirklich sprechen. Dafür verstehe ich aber immer größere Teile der Konversation, was zum Teil zu merkwürdigen Momenten führt.

Gerade heute ging ich zur Kaffeeküche um mir einen Kaffee zu holen (Japaner arbeiten mit geschlossenen Fenstern und ich muss tatsächlich anfangen Kaffee zu trinken, damit mein Kopf nicht auf den Tisch knallt). In Der Kaffeeküche traf ich dann einen Kollegen und eine Gruppe von Frauen aus einer anderen Abteilung. Kurzum: Die Damen dachten, dass ich sie gar nicht verstehe und ich musste mir nur ein Grinsen verkneifen und fühlte mich zumindest geschmeichelt.

Genau diese Situationen machen den Aufenthalt sehr lustig, jedoch fallen die Fähigkeiten komplett aus, wenn es drauf ankommt. Und das ist wirklich nicht so toll.

Ich stand in der Kantine an um mein Essen zu nehmen, als vor mir jemand die letzte Portion nahm. Und zack, man wechselte das Menu zu einer Mahlzeit die ich wirklich nicht essen kann.
Nun stand ich in der Schlange, guckte wie ein Pferd und war völlig überfordert.

Wo ist mein Hühnchen hin?

Glücklicher weise war jemand in der Schlange hinter mir, der merkte, dass ich etwas überfordert war und er fing direkt an die Sachen zu übersetzen und mir zu helfen. Den man muss erwähnen, dass ich bisher nur mit Leuten gesprochen habe, die einen Universitätsabschluss haben oder zumindest ein paar Jahre im Ausland gearbeitet haben. Alles darunter freut sich zwar über meine Versuche Japanisch zu sprechen, jedoch können die Personen kein Wort Englisch (die Anderen können zumindest ein paar Wörter Englisch).

Wie man hier merken kann, spreche ich weder die Sprache, noch kann ich sie lesen. Das ist eine besondere Herausforderung an jeden Tag.
Auch bin ich es nicht gewöhnt dauerhaft Englisch zu sprechen, womit sich mir auch damit eine Hürde in den Weg stellt. Die Konsequenz daraus äußerte sich genau nach dem beschriebenen Mittagessen.

Als ich an meinen Arbeitsplatz ankam kam direkt mein Chef zu mir rüber und erzählte, dass ein Manager aus internationalen Verwaltung gleich zu meinen Arbeitsplatz kommen wird und ich doch bitte mit ihm das "Greeting" durchführe (Begrüßung und Vorstellen). Der Herr hatte vor ca. 10-15 Jahren mit meinem Vater in Deutschland zusammen gearbeitet und wollte mich daher direkt kennenlernen, nachdem er erfahren hatte, dass ich in der Firma bin.

Ok, kein Problem. Das bekomme ich hin.

Der Herr kam zwei Minuten später an, stellte sich vor und sprach Deutsch...

Ich bin dazu angehalten, soviel Japanisch zu sprechen, wie ich kann. So versuche ich meine Sätze soweit wie möglich ins Japanische zu bringen. Der Rest wird dann mit Englisch aufgefüllt.
Doch mit dieser Situation war ich dann doch überfordert. Der Herr sprach Deutsch. Ok, nicht perfekt. Er hatte Deutschland ja auch vor über 10 Jahren verlassen. Jedoch sprach er Deutsch zu mir, womit ich aber nicht gerechnet habe und worauf ich auch nicht vorbereitet war.

Das Ergebnis war ein Mix aus drei Sprachen in nur einem Satz.

Ich konnte keinen klaren deutschen Satz sprechen!

Die ganzen Wechsel mit den Sprechen und Lesen/Schreiben in unterschiedlichen Sprachen hat dann doch seinen Tribut gekostet...

Naja, dass ist leider nur ein kurzer Einblick in meine Problem in diesem Bereich, jedoch sollte es vorerst genug sein.
Ich werde zusehen, dass ich meine Sprachen wieder etwas sortieren kann.

Bis dahin: Gute Nacht, guten Tag, guten Morgen oder was auch immer :)

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"Je viens d'Allemagne" wäre dann richtig ;) Und ist doch gar nicht anders als in deutsch :P
Und danke für die Aufklärung. Irgendwie dachte ich früher, dass die Zeichen bei den Japanern und Chinesen unterschiedlich sind, weil zu Hause immer auf den Verpackungen die beiden Sprachen auch gelistet waren und für mich schien das Gleiche unterschiedlich geschrieben zu sein.

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Ahhh, die Übersetzung von einer falschen Seite genommen...

Die Japaner können den Text ja auch komplett mit Hiragana und Katakana schreiben. Sie müssen keine Kanjis verwenden machen dies aber gerne.
Wenn der Text mit Hiragana geschrieben wird kann ich zumindest die Laute sprechen. Bei Kanjis kann ich weder Inhalt noch Aussprache erkennen.

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